StudiTUM Campus Freising
Das StudiTUM-Gebäude bietet auf 1500 Quadratmetern unter anderem Einzel- und Gruppenlernplätze. Doch Lernen ist nur ein Aspekt. Das Gebäude soll ein Ort des Austausches sein, ein Ort des kreativen und produktiven Miteinanders. Wie in den beiden anderen Studierendenzentren der TU München in Garching und in München liegt der Fokus deshalb auf einer variablen Nutzung.
Bis 2012 nutzte die TU München das Gebäude als Versuchs- und Lehrbrennerei. Bis 2016 hatte dann noch der Lehrstuhl für Technische Mikrobiologie einige Räume in Betrieb. Anschließend stand das Gebäude leer. Als die TU einen Standort für den Neubau eines Studierendenzentrums auf dem Campus Weihenstephan suchte, wies das Staatlichen Bauamt im Rahmen einer Machbarkeitsstudie nach, dass sich das historische Gebäude sanieren und zum Studierendenzentrum umbauen lässt: Cafeteria, Besprechungs- und Seminarräume, Lerngruppenräume, Billardraum und Musikraum, so der Vorschlag, ließen sich problemlos im Bestand realisieren. Ausschlaggebend war aber das Potenzial des Standorts auf dem Weihenstephaner Berg mit Blick über das Campusgelände im Norden und Alpenpanorama im Süden.
Nach dem ersten Ortstermin waren die Studierenden sehr skeptisch ob des desolat wirkenden Zustands der ehemaligen Versuchs- und Lehrbrennerei. Im Zuge mehrerer Baustellenbesuche wich die Skepsis aber mehr und mehr der Begeisterung für ihr künftiges StudiTUM.
Das Staatliche Bauamt behielt die Erschließungsstruktur des Gebäudes mit dem historischen Treppenraum bei und ergänzte es um einen neuen Aufzug. Über ihn sind nun alle Geschosse barrierefrei zu erreichen. Neben dem Aufzugsschacht wurden die Sanitärräume in allen Geschossen untergebracht, um die baulichen Eingriffe und die Ver- und Entsorgung möglichst in einen Kernbereich zu konzentrieren. Die im Dachgeschoss und im 2. Obergeschoss vorhandene Nutzungseinheit mit einer historischen Treppe wurde über einen neuen Treppenraum vom Erdgeschoss bis in das 2. Obergeschoss erschlossen. Sie dient als baulicher Rettungsweg. Das Kellergeschoss erhielt eine Außentreppe als Ausgang ins Freie.
Anstelle der Lagerräume für das Brenngut im Untergeschoss entstanden Musik- und Bewegungsräume für die Studierenden. Der in den 1960er Jahren umgestaltete Hörsaal im 1. Obergeschoss soll nun Vorträgen und Filmvorführungen dienen. Im 2. Oberschoss wurden die in den 1960er Jahren eingebauten Labore rückgebaut. Dort und im Dachgeschoss befinden sich nun Besprechungs-, Lerngruppen- und studentische Arbeitsräume.
Die ehemalige Betriebsleiterwohnung zeugt noch von der gestalterischen Qualität, die 1907 angestrebt wurde. Dank der umfangreichen Bestandsanalyse ließen sich zumindest in den nicht zu stark veränderten Bereichen Fenster, Türen und Farbfassungen rekonstruieren. Zurückhaltende und ablesbare Anpassungen und Ergänzungen erhalten den Charakter des Gebäudes.
Durch die vielen nutzungsbedingten Veränderungen sowie Ein- und Umbauten über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren stellte der Rückbau und die Entsorgung eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe dar. Die neuen Anpassungsmaßnahmen und Ergänzungen sollten zurückhaltend und ablesbar den Charakter des Bestandes erhalten und einbinden.
Die Deckenkonstruktion aus Stahlbeton war 1907 eine technologische Innovation. Anlass könnte die aus dem Betrieb einer Brennerei resultierende Brandgefahr gewesen sein. Diese Brandgefahr thematisiert auch ein Fresko auf der Nordseite der Fassade. Für aktuelle Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer reichte die Betonüberdeckung der Eisenbewehrung aber nicht aus. Mit einem zusätzlichen Brandschutzputz ließ sich die raumprägende Stahlbetonträgerstruktur ertüchtigen und erhalten. Auch sonst erwies sich die Bausubstanz aus dem Jahr 1907 als bautechnisch leistungsfähig.
Am Dachstuhl mussten Feuchteschäden an den Fußpunkten saniert werden. Dies sollte eigentlich zusammen mit einer Neueindeckung geschehen. Allerdings hatte niemand damit gerechnet, dass die seit Jahren verschmähte Nisthilfe für Störche auf dem Dach plötzlich von einem Storchenpaar zur Aufzucht seiner Jungen ausgewählt wurde. Naturschützer und die Öffentlichkeit waren begeistert, für den Bauablauf war dies aber eine große Herausforderung. Die Arbeiten am Dach konnten deshalb erst im darauffolgenden Winter/Frühjahr fertiggestellt werden.
Vom Weihenstephaner Berg bietet sich ein Panoramablick über die Münchner Schotterebene und die Isarauen. Im Schatten der Bäume des Weihenstephaner Südhangs gibt es deshalb nun auch einen Sitzbereich für die Studierenden. Zudem wurden ein Teil der Fläche um das StudiTUM entsiegelt und begrünt sowie eine Hainbuchenhecke gepflanzt. Auch auf der Nordseite wachsen nun wieder sechs Bergahorne nach historischem Vorbild.
Im Juli 2020 übergab das Staatliche Bauamt das Gebäude wieder an die TU, seit Juli 2021 dürfen es nun die Studierenden nutzen – coronabedingt mit einem Jahr Verzögerung.